Tristan und Isolde

Die Entdeckung der Liebe im zwölften Jahrhundert

„Ihr hohen Herren, wollt ihr eine schöne Geschichte von Liebe und Tod hören?“

So beginnt der Roman von Tristan und Isolde in der Fassung von Béroul, eines altfranzösischen Dichters und Spielmannes um das Jahr 1180. Nichts auf der Welt könnten wir lieber wollen. Wir fragen uns, woher der Zauber dieses ersten großen Liebesromans der abendländischen Geschichte? Welche Gefühle innerer Anteilnahme weckt ein Roman von Liebe und Tod in unseren Herzen? Ist es die leidenschaftliche Liebe, die zum Tod führt, ein Grundmotiv der ältesten Legenden, der ältesten Lieder unserer Literatur? Erklärt das den ungeheuren Erfolg des Romans über die Jahrhunderte hinweg? Und noch etwas verstört uns in unserer tiefsten Seele:

Tristan und Isolde brechen die Ehe. Ehebruch ist der Verrat an der Liebe. Nahezu alle großen Liebesromane der europäischen Liebesromane haben das Grundmotiv des Ehebruchs. Tolstois Anne Karenina, Flauberts Madame Bovary, Fontanes Effie Briest oder auch D.H. Lawrences Lady Chatterly scheitern in ihren Ehen und flüchten sich in eine leidenschaftliche Liebe. Das irritiert uns, und dennoch möchten wir nichts anderes lesen.

Die drängende Frage, warum Menschen so etwas tun, warum sie sich immer wieder das Leid der Trennung zufügen, ist das Grundmotiv des europäischen Gesellschafts-Romans.

Wenn wir den mittelalterlichen Roman von Tristan und Isolde als Spiegelbild der Gesellschaft ansehen, dann ist es nicht unbegründet, dass Historiker vor einer „Ehekrise“ im 12. Jahrhundert sprechen. Was sind die Gründe für diese Krise?

In diesen Jahrzehnten des frühen Mittelalters hat in Europa ein bedeutendes Ereignis stattgefunden. Die Beziehungen zwischen dem männlichen und dem weiblichen Geschlecht änderten sich grundlegend. Dieses Ereignis hat die gesamte europäische Kultur zutiefst gezeichnet und ihre Wirkungen sind bis heute spürbar.

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